Die Digitalstrategie der EU – neue Gesetze für Digitalunternehmen
Als Teil der europäischen Digitalstrategie hat die EU-Kommission kurz vor Weihnachten zwei neue Gesetzesentwürfe – den Digital Markets Act (DMA) und den Digital Services Act (DSA) – vorgestellt. Beide Gesetzesentwürfe beschäftigen sich jeweils schwerpunktartig mit fairem Wettbewerb und dem Umgang mit Nutzerdaten. Gemeinsam nennen sie eine Reihe neuer Regelungen für digitale Dienste, einschließlich sozialer Medien, Online-Marktplätze und anderer Online-Plattformen. Die Entstehung weiterer Monopole auf den Digitalmärkten soll verhindert werden, jene, die bereits existieren (Google, Amazon, Facebook & Co), müssen strenge Regeln befolgen. Die Gesetzesentwürfe sind als Verordnungen konzipiert. Sie würden daher in allen EU-Staaten unmittelbar gelten. Die beiden Entwürfe (DMA und DSA) gehören zu den wichtigsten Vorhaben der Kommission von Ursula von der Leyen. Auf deren Grundlage wurden bereits weitere, darauf aufbauende Gesetzesvorhaben angekündigt.
Der Entwurf für den „Digital Markets Act“
Kernstück des DMA-Entwurfs sind besondere Pflichten für sogenannte „Gatekeeper“. Von dem Begriff „Gatekeeper“ sind jene Unternehmen umfasst, die einzelne (digitale) Märkte so stark dominieren, dass ihre Marktposition durch Wettbewerber oder neue Marktteilnehmer faktisch nicht angreifbar ist. Im Gesetzesentwurf werden die entsprechenden Kriterien für die Qualifizierung als Gatekeeper nunmehr definiert. Wird ein Unternehmen als ein solches eingestuft, hat es zum einen proaktiv bestimmte Verhaltensweisen umzusetzen, zum anderen sind ihm bestimmte, als unlauter qualifizierte Verhaltensweisen untersagt. Gatekeeper sollen zudem die EU-Kommission vor dem geplanten Erwerb eines anderen Unternehmens auf einem digitalen Markt informieren müssen. Weiters soll Gatekeepern künftig auch die Verwendung von Daten ihrer Geschäftskunden zum Zwecke der Bevorzugung eigener Dienste oder zur Konkurrenzierung des betreffenden Geschäftskunden untersagt sein (sog self-preferencing). Gewerblichen Plattformnutzern soll gemäß Gesetzesentwurf verpflichtend Zugang zu ihren durch ihre Tätigkeiten auf der Gatekeeper-Plattform generierten Daten gewährt werden. Als weitere Pflicht sollen Gatekeeper schließlich auch die Interoperabilität der Software von Drittunternehmen mit ihren eigenen Diensten gewährleisten.
Der Entwurf für den „Digital Services Act“
Der DSA-Entwurf soll – im Gegensatz zu dem auf Gatekeeper beschränkten DMA – für alle digitalen (Vermittler-)Dienste gelten und damit die bereits 20 Jahre alten Bestimmungen der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (sog E-Commerce Richtlinie) aktualisieren.
Neu ist, dass zur Unterbindung der Verbreitung verbotener Online-Inhalte Dienstleistungen oder Waren, Nutzern das Kennzeichnen solcher Inhalte ermöglicht wird. Algorithmen und Online-Werbung für Rankings sollen künftig transparenter sein. Um die Funktionsweise von Plattformen und Online-Risiken zu untersuchen, sollen spezialisierte Forschungsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff auf Schlüsseldaten der Plattform erhalten.
Sanktionen
Unternehmen, die gegen die Regeln des DSA verstoßen, drohen künftig Geldstrafen von bis zu sechs Prozent des globalen Vorjahresumsatzes; im Fall eines Verstoßes gegen das DMA sogar bis zu zehn Prozent. Auch die Aufspaltung (Entbündelung) von Gatekeeper-Unternehmen soll als ultima ratio, zB bei wiederholten Verstößen, möglich sein.
Nationale „Aufseher“ (wobei die Auswahl den jeweiligen Mitgliedstaaten obliegt) sollen die Einhaltung der Vorschriften des DSA überwachen. Zuständig für die Durchsetzung des DMA wäre jedoch angesichts des grenzüberschreitenden Charakters von Gatekeeper-Plattformen die EU-Kommission.
Weitere Schritte
Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geht davon aus, dass beide Rechtsakte in etwa in eineinhalb Jahren in Kraft treten werden. Die Entwürfe wurden weitgehend positiv aufgenommen. Kritik kommt jedoch von Seiten führender amerikanischer Handelsverbände wegen der aus ihrer Sicht drohenden Diskriminierung innovativer amerikanischer Unternehmen. Ob es der EU-Kommission gelingt, die Regelungen in der derzeit vorgesehenen Form durchzusetzen, bleibt abzuwarten – vor der Umsetzung müssen diese jedenfalls noch vom Europäischen Parlament und vom Rat der europäischen Union abgesegnet werden. Die österreichische Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck begrüßt die Initiative und versicherte, dass sich Österreich aktiv in diesen Prozess einbringen werde.
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