Insolvenzen vermeiden – Maßnahmen neuerlich verlängert; Erleichterungen beim Sanierungsplan
Maßnahmen betreffend die Insolvenzantragspflicht verlängert
Die fortdauernde Pandemie hat den österreichischen Gesetzgeber veranlasst, die bereits getroffenen insolvenzrechtlichen Unterstützungsmaßnahmen ein weiteres Mal zu verlängern. Mit der jüngsten Novelle (BGBl I 2020/157) zum 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz wurden daher die bisher geltenden Erleichterungen im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung (und daher wie bislang nicht auch wegen Zahlungsunfähigkeit (!)) von 31. Jänner 2021 auf 31. März 2021 verlängert. Das gilt auch für die an die Überschuldung anknüpfende Haftung der Geschäftsleiter (§ 84 Abs 3 Z 6 AktG; § 25 Abs 3 Z 2 GmbHG). Damit gilt in diesem Bereich bis 31. März 2021 de facto weiter, was bisher bis 31. Jänner 2021 galt. Dies gilt auch für einige andere Maßnahmen, wie etwa die Einschränkung der Insolvenzanfechtung bei Überbrückungskrediten. Nicht verlängert wird die Erleichterung im Zusammenhang mit Gesellschafterkrediten (Näheres zur Rechtlage bis 31. Jänner 2021 siehe hier).
Erleichterungen beim Sanierungsplan
Die jüngste Novelle hat aber auch eine inhaltliche Neuerung gebracht.
Nach bisheriger Rechtslage musste das schuldnerische Unternehmen bei Antrag auf Abschluss eines Sanierungsplans den Gläubigern eine Mindestquote von 20 % (im Verfahren ohne Eigenverwaltung) oder 30 % (wenn ein Verfahren mit Eigenverwaltung angestrebt wird) anbieten, und zwar jeweils zahlbar innerhalb einer Frist von maximal zwei Jahren.
Diese Maximalfrist von zwei Jahren wurde nunmehr auf drei Jahre verlängert, wenn der Antrag auf Abschluss des Sanierungsplans bis 31. Dezember 2021 gestellt wird.
Die Mindestquoten selbst bleiben unverändert. Will das schuldnerische Unternehmen einen Sanierungsplan erreichen, darf die Mindestquote nicht unterschritten werden, sie kann aber durchaus höher sein. In der Praxis ist das eher selten. Der Sanierungsplan könnte aber vom Gericht abgelehnt werden, wenn die Quote im Widerspruch zu den Verhältnissen des Schuldners steht. Wenn also beispielsweise aufgrund der zukünftigen Leistungsfähigkeit des Schuldners zu erwarten wäre, dass er mehr als die angebotenen 20 % beziehungsweise 30 % leisten kann. Der Beurteilungszeitraum ist die Zahlungshöchstfrist (also bei Verfahren bis 31. Dezember 2021 nunmehr wohl drei Jahre und nicht zwei Jahre), selbst wenn der Schuldner von sich aus eine kürzere Zahlungsfrist anbietet. Diese Verlängerung der Betrachtungsperiode wird bei der Vorbereitung von Sanierungsplänen und den Überlegungen, welche Quote angeboten werden kann, zu berücksichtigen sein.
Bis 30. Juni 2021 verlängert wurde zudem die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen eine Stundung der Raten aus einem Sanierungsplan zu erreichen.
Unverändert bleiben die Mehrheiten, mit denen die Gläubiger den Sanierungsplan annehmen müssen (Mehrheit der bei der relevanten Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger („Kopfmehrheit“) und die zustimmenden Gläubiger müssen mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen auf sich vereinen („Summen- oder Kapitalmehrheit“).
Präventiver Restrukturierungsrahmen steht noch aus
Eine weitere, mit Spannung erwartete Novelle steht indessen noch aus, nämlich die Umsetzung des sogenannten präventiven Restrukturierungsrahmens in Österreich. Grundlage ist die Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie (RL (EU) 2019 / 1023)). Dem Vernehmen nach ist mit einem Inkrafttreten erst mit Juli 2021 zu rechnen, also am Ende der in der Richtlinie vorgesehen Umsetzungsfrist. In anderen Ländern, wie beispielsweise Deutschland, ist die Umsetzung bereits erfolgt.
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